Dr. Gregor Fuhrmann: BEVA
Ein natürliches Transportsystem bringt Antibiotika im Körper genau dorthin, wo sie wirken sollen. Die Wissenschaftler im Projekt BEVA entwickeln intelligente Wirkstoffträger, die Antibiotika gezielt zu krankheitserregenden Bakterien transportieren. So ist eine verbesserte Therapie von schwer behandelbaren Infektionen bei minimalen Nebenwirkungen möglich.
Die Einführung von Antibiotika zählt zu den bedeutendsten Fortschritten der Medizin im 20. Jahrhundert. Mit diesen Medikamenten können bakteriell verursachte Infektionskrankheiten wirksam behandelt werden. Ihr Wirkprinzip basiert auf der Wechselwirkung mit der bakteriellen Zellwand, sozusagen der Haut des Bakteriums, oder auf dem Eindringen des Antibiotikums in das Innere des Bakteriums. Hiermit kann der Erreger gehemmt oder idealerweise abgetötet werden. Fehlerhafte und übermäßige Anwendungen aber haben vermehrt dazu geführt, dass bakterielle Erreger gegen Antibiotika resistent werden, d. h. auf eine Behandlung nicht mehr ansprechen. Bakterien haben gelernt, mit Antibiotika umzugehen, indem sie sich mit einer schützenden Hülle umgeben oder ihre Zellwand verändern. So kann das Antibiotikum nicht zu den krankmachenden Bakterien vordringen. Dies hat zur Konsequenz, dass Antibiotika-resistente Keime weltweit immer mehr Todesopfer fordern. Allein in Deutschland sterben jährlich bis zu 15.000 Menschen daran.
Im Projekt BEVA von Dr. Gregor Fuhrmann soll ein neuartiges Therapiekonzept zum Transport von Antibiotika erforscht werden. Das Projekt orientiert sich hierbei am natürlichen Stofftransport innerhalb und zwischen menschlichen und Bakterienzellen. Dieser erfolgt über sehr kleine, rundliche bis ovale Lipidtröpfchen – sogenannte extrazelluläre Vesikel – die natürlicherweise von Zellen und Bakterien produziert werden. Die Vesikel sind etwa 200 Nanometer groß und damit 10.000-mal kleiner als der Kopf einer Stecknadel. Sie besitzen eine doppelte Membran aus fettähnlichen, als Lipide bezeichneten Molekülen und sind im Körper sehr stabil. Das Projekt hat zum Ziel diese Tröpfchen von verschiedenen Zellen zu isolieren, zu untersuchen und mit Antibiotika zu beladen. Anschließend wird deren Wechselwirkung mit Bakterien mittels modernster mikroskopischer Techniken untersucht. Im Erfolgsfall können die Vesikel Wirkstoffe gezielt zu krankmachenden Bakterien transportieren, ohne dass die üblicherweise mit einer Antibiotika-Therapie einhergehenden Begleiterscheinungen wie z. B. eine Schädigung der natürlichen Darmflora auftreten. Dadurch werden Infektionen besser und mit weniger Nebenwirkungen behandelbar.
Nachwuchsgruppenleiter Dr. Gregor Fuhrmann
Gregor Fuhrmann hat in Berlin Pharmazie studiert und 2008 mit dem Staatsexamen abgeschlossen. Er wurde 2012 an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich promoviert. Für seine Dissertationsarbeit erhielt er die ETH Medaille und den Rottendorf Europapreis für herausragende pharmazeutische Forschung. Anschließend war er am Department of Materials und Department of Bioengineering am Imperial College London als Postdoc tätig (2013-2016). Dafür erhielt er sowohl ein Marie-Curie Intra-European Fellowship von der Europäischen Union, als auch ein Postdoc-Stipendium vom Deutschen Akademischen Austauschdienst DAAD. Seit Dezember 2016 ist er Leiter der „NanoMatFutur“-Nachwuchsgruppe „Biogene Nanotherapeutika“ (BION) am Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS).
Gregor Fuhrmann ist Gründungsmitglied und Mitglied des Vorstandes der German Society for Extracellular Vesicles, der offiziellen nationalen Gesellschaft für Forschung an extrazellulären Vesikeln. 2017 wurde Dr. Fuhrmann mit dem Technologiepreis der Galenus Stiftung für seinen Beitrag zu modernen Wirkstoffträgern ausgezeichnet.